Die Eltern sind Arbeitsmigranten oder Flüchtlinge, einige wurden auch hier geboren: 400 Schulkinder müssen nun erst Deutsch lernen.
An Österreichs Schulen spricht man inzwischen 80 Sprachen. In Wien haben 51 Prozent der Schüler eine nicht-deutsche Umgangssprache, in Salzburg sind es 22 Prozent, das ist bundesweit am drittmeisten, so der Integrationsfonds und die Agenda Austria. Die Kinder sind durch Arbeitsmigration der Eltern, Familienzusammenführung und mit der Flüchtlingswelle 2015 gekommen. Einige, vor allem aus bildungsfernen (türkischen) Familien, sind auch hier geboren. Bundesweit sind 30.000 Kinder mit mangelnden oder keinen Deutschkenntnissen einzuschulen. Sie kommen in die neuen Deutschförderklassen.
Mit Glück eine Koranschule
In Salzburg erhalten nun 355 Volksschüler in 26 Klassen getrennten Deutschunterricht, an den Neuen Mittelschulen sind es zwei Klassen für 42 Kinder. „Es könnten noch mehr werden“, heißt es im Büro von Landesrätin Maria Hutter (ÖVP). Bewältigen will man das mit 30 Planstellen für Sprachförderung, 22 davon finanziere das Land selbst, das kostet 900.000 Euro. Vieles ist noch vage, feststeht jedoch: Man steht vor einer großen Aufgabe.
Denn es kämen jetzt immer mehr Kinder, die noch nie eine Schule besucht haben, schildert eine Integrationslehrerin der Sekundarstufe – sie bat um Anonymität. „Viele Väter, die allein gekommen sind und jetzt einen Aufenthaltsstatus haben, holen ihre Familien nach. Da kommen 11- und 12-Jährige aus Syrien und dem Irak, die haben die Hälfte ihres Lebens Krieg erlebt. Mit Glück haben sie eine Koranschule besucht. Viele sind nicht alphabetisiert, die wissen oft nicht einmal, wie man ruhig sitzt.“ Diese Kinder würden entsprechend ihrem Alter in zweite Klassen der NMS eingestuft. Im Hinblick auf ihren Schulabschluss könne das „ein Desaster“ sein, meint die Pädagogin. Denn die NMS-Förderlehrer seien nicht in Alphabetisierungstechniken ausgebildet. Es gebe Unterrichtsmaterialien – ein muttersprachliches Wörterbuch für jedes Kind oder bebilderte Deutschlern-Arbeitsblätter –, oft stehe jedoch das blanke Schreibenlernen im Vordergrund.
„Nicht ununterbrochen vorgeführt
An der NMS Taxham hat man ein vorgezogenes Modell einer Deutschförderklasse, berichtet Direktorin Traudi Fellner: „Wir haben 14-jährige, teilweise auch 15-, 16-jährige Flüchtlinge in einer vierten Klasse über zwei Jahre zusammengefasst. Am Beginn war die linke Hälfte afghanisch, die rechte syrisch. Dann wurde das sehr international, es kamen Kinder aus Rumänien, Serbien, Bosnien, Weißrussland, auch ein paar Somalier dazu.“ Die Zusammenfassung habe sich als Erfolg erwiesen. So holte ein zuvor einzeln integrierter Bub aus Kuba in der Förderklasse massiv auf. Fellner: „Die werden nicht mehr ununterbrochen vorgeführt.“
Es ist „heftig viel“ zu tun
An der Volksschule Hallein-Burgfried ist man auf Kinder mit Migrationshintergrund spezialisiert und wird eine Deutschförderklasse einrichten. „Wir haben super ausgebildete Leute, wir können Zehnjährigen relativ schnell Lesen und Schreiben beibringen“, sagt Direktorin Elisabeth Olsacher. Wenn eine Entwicklungsverzögerung im Spiel ist, werde es schon schwieriger.
Landesschulinspektorin Birgit Heinrich tourt gerade durch die Schulstandorte. Es sei „heftig viel“ zu tun. Aber sie habe erreicht, dass die Deutsch-Förderlehrer eine methodische Zusatzausbildung in Alphabetisierung erhalten. Und Heinrich ist optimistisch: „Ich habe ein syrisches Mädchen gesehen, das schon nach einem halbem Jahr in die reguläre Klasse wechseln konnte.“
Sonja Wenger