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Licht am Ende des Tunnels: Telefonseelsorge hilft

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Angst vor einsamen Weihnachten? Auf „142“ hören Menschen zu. Die  Telefonseelsorge Salzburg leistet Großes.

Auf diese Menschen ist Verlass. Unter der Telefonnummer 142 ist immer jemand von der Telefonseelsorge erreichbar. 365 Tage im Jahr, 24 Stunden lang. Es klingt einfach, ist aber nicht selbstverständlich: Diese 142 Frauen und Männer hören einfach zu. Bei  ihnen kann jeder anrufen, den etwas bedrückt. Angefangen von Alltagssorgen über Beziehungsprobleme bis hin zu Suizidgedanken.

Warum tut man sich so ein Ehrenamt an? Es sei ein Geben und Nehmen, erklärt Gerhard Darmann. „Diese Leute haben Schönes erlebt und möchten etwas zurückgeben“, so der langjährige Leiter der Telefonseelsorge Salzburg. Auch die Ausbildung zum Telefonseelsorger würden die Ehrenamtlichen sehr schätzen. Und nicht zu vergessen: Bei dieser Arbeit lernt man sich selber besser kennen. Telefonseelsorge-Tätigkeit gilt schlicht als attraktiv.
Jetzt vor Weihnachten sind die Profi-Zuhörer sehr gefragt. „Was einen das Jahr über beschäftigt, spürt man zu Weihnachten besonders intensiv“, beschreibt Darmann. Die seelische Not erzeugt in vielen Menschen richtige Angst vor der „schönsten Zeit im Jahr“.

Meistens geht es um Einsamkeit. Wobei auf 142 auch viele Salzburger anrufen, die nicht alleine leben. Die Einsamkeit in einer schwierigen Partnerschaft oder Familiensituation kann besonders schmerzen. Der erste Satz, den die Ehrenamtlichen am Telefonhörer oder im Headset hören, lautet oft: „Haben Sie Zeit für mich?“ oder „Kann ich mit Ihnen reden?“ Allein das Zuhören löst schon ganz viel, so die Erfahrung des Teams.

Immer mehr Einsame, dafür weniger Scham

Ob Einsamkeit, Aggressionen oder Alltagsprobleme, jeder will von Zeit zu Zeit sein Leben besprechen. „Bei uns anzurufen ist wie der Besuch am Dorfbrunnen. Es ist immer jemand da, dem man etwas erzählen kann.“ Oft reicht ein Gespräch, und der Anrufer fühlt sich besser. Andere rufen alle paar Wochen an. Manche Menschen melden sich jeden Tag.

Einsamkeit und Isolation nehmen zu. In den Städten wächst der Anteil an Singlehaushalten kontinuierlich. Mit dieser „Atomisierung“  tut sich der Mensch schwer, auch wenn er alle erdenklichen Kommunikationsmedien besitzt. In den 40 Jahren, die die Telefonseelsorge Salzburg tätig ist, ist eines gleich geblieben: Der Mensch sehnt sich  nach Geborgenheit. „Die Menschen wollen in guten Beziehungen leben“, fasst Darmann zusammen. Gestiegen sei in den vergangenen zwei Jahrzehnten die Sensibilität für Gewalt und Missbrauch. „Früher hat man nicht darüber geredet. Jetzt schon und das ist gut.“ Was auffällt, ist, dass Frauen aber auch Männer offener über psychische Erkrankungen oder Einsamkeit reden. Man geniert sich nicht mehr so stark wie früher, als diese Nöte richtig tabu waren. Besonders in der Mail- und in der Chatberatung trauen sich Menschen aus sich herauszugehen. Man hat dort den Eindruck, diskret seine Probleme erzählen zu können.

Zuhören, das geht heute auch im Chat und per Mail

Das Zuhören muss also nicht unbedingt ein Zuhören sein. Es ist mehr die Achtsamkeit und Zuwendung, die das Telefonseelsorgeteam den Menschen schenkt. So manchen dürften die Zuhör-Profis schon von einem Suizid abgehalten haben. Wenn sich  jemand nach einer so tiefen Krise bedankt und berichtet, dass er wieder Lebensmut habe, wirkt das auf das Team wie Balsam.

Das passiert nur selten. Schwierig ist es, wenn Gespräche nicht in Fluss kommen oder die Klage des Anrufers gar nicht aufhört. Wenn die Ehrenamtlichen den Hörer auflegen, wissen sie nicht, was anschließend passieren wird.
Um damit umgehen zu können, gehen die Ehrenamtlichen monatlich zur Supervision, absolvieren laufend Fortbildungen und sind maximal zwölf Stunden pro Monat bei 142 im Einsatz. Richtig liegen sie mit ihrem Engagement sicherlich. Ganz viele Telefonate enden mit den Worten: „Danke, das hat mir gut getan.“

Seit Jahresbeginn hat die Telefonseelsorge Salzburg bereits 15.000 Anrufe entgegen genommen, davon rund 8.500 von Frauen und 6.000 Erstanrufe. Auf diese bezogen ermutigt Gerhard Darmann besorgte Salzburger: „Wir laden jeden ein, bei Sorgen beizeiten zum Hörer zu greifen.“

Von Sabine Tschalyj

Telefonseelsorge Salzburg,
Tel.  142, www.ts142.at,
Kids-Line Tel. 0800-234123. www.kids-line.at.
Interessierte können sich bis 1. April 2019 für die nächste Ausbildung bewerben.

Bild oben: Wo ist der Ausweg? Die Telefonseelsorge hilft. Bild: Heinz Bayer


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