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Wir sind die Besten, die Allerallerbesten!

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Einmal so selbstbewusst sein wie Apple bei der Vorstellung eines Produkts! Man sollte sich das nicht als Werbeaktion anschauen…

… sondern als Selbstliebetraining. Ohne Schmarrn! Da steht ein Mann oder eine Frau auf der Bühne – bei Apple wird auch Frauen zugestanden, dass sie klug sind – und geht sowas von ab.

Weil, Tschuldigung, Apple hat einen Computer erfunden mit 48 % mehr Farbe. Aber so, wie sich das anhört, so groß, wie die Begeisterung ist, wirkt es eher, als hätte Apple die FARBEN an sich erfunden. Und zwar alle! Das Farbsehen verdanken wir nur dieser milliardenschweren Firma.

Karikatur Thomas Selinger Bild: www.seli.at

Außerdem weiß Apple, dass die Leute ihren Laptop gern mitnehmen und herumtragen möchten. Unglaublich, nicht wahr? Deswegen hat man dort einen kreiert, der hat 17 % weniger Volumen. Applaus brandet auf. Weil: OH! MEIN! GOTT! Da spürt man gleich, wenn man mit seinem iMac schwungvoll eine Starbucks-Filiale betritt, dass 17 % weniger Gewicht an einem zieht.

Niemand hat sich je selbst so gefeiert wie die Keynote Speaker auf diesen Bühnen, niemand war je so überzeugt, so stolz, so sicher. Sie sind gottgleich, sie sind die Wissenden. Mehr Geschwindigkeit, mehr Speicherplatz, mehr Möglichkeiten, bessere Auflösung: Es wird einem ganz schwindlig, es wird einem ganz heiß.

Aber Sarkasmus beiseite: Das Selbstbewusstsein ist faszinierend. Die Überzeugungskraft, die daraus erwächst. Wie sehr man irgendwie lachen will, wenn man das sieht, gleichzeitig aber auch ganz gebannt ist. Besonders gebannt sind die Männer. Einmal so hingebungsvoll von einem Mann angeschaut werden wie ebendiese Vorstellung eines neuen Apple-Produkts! Das ist ein Ding der Unmöglichkeit.

Nun sind ja Männer – verzeihen Sie mir das Klischee – generell recht angefixt von allem Technischen. Sobald es einen Knopf hat und man es einschalten kann: geil. Wenn es dann auch noch blinkt oder Geräusche macht und FARBEN hat: megageil. Außerdem sind Männer überzeugt von sich und ihren Fähigkeiten: Ohne sie, so denken sie, würd nix laufen und funktionieren, der Fernseher nicht, das Handy nicht, das Wlan nicht.

Das ist vermutlich, wie bei Männern üblich, mehr Selbstüberschätzung als Selbsteinschätzung. Eine Studie im Auftrag von Bitcom ergab nämlich, dass Männer genauso Schwierigkeiten mit der Technik haben wie Frauen. Es gibt jedoch einen eklatanten Unterschied: Im Gegensatz zu Frauen lassen Männer sich nicht helfen. Sie sind halt die Besten, die Allerallerbesten.

Mareike Fallwickl ist Texterin und Autorin. Mail: interaktiv@svh.at


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