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Im Mordfall Krenn gärt es kräftig weiter

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Zweite Schwester erklärt den toten Bruder für „alkoholkrank und nicht testierfähig“. Auch ein Detektiv ermittelt nun.

Im Mordfall um den Salzburger Immobilienmillionär Roland Krenn kehrt keine Ruhe ein. Dies ist in der Regel dann der Fall, wenn kein echter Rechtsfriede hergestellt ist – etwa weil die Wahrheit (noch) nicht auf dem Tisch liegt oder weil das Gericht sich geirrt hat oder Beteiligte den Eindruck bekommen, dass die Justiz wie ein Bollwerk gegenüber ihren Anträgen und Eingaben auftritt.

Der Salzburger Immobilienmillionär Roland Krenn musste mit 63 sterben, die strafrechtliche Aufarbeitung ist voller Ungereimtheiten. Bild: Polizei

Kommt ein „Knalleffekt“?

Im Hintergrund wird mit Hilfe von Detektiven bereits an einer Wiederaufnahme des Falls gearbeitet und „ein Knalleffekt“ angekündigt. Denn zwei der drei verurteilten jungen Täter beteuern bis heute ihre Unschuld. Das SF hat im Fall der 22-jährigen Verkäuferin aus dem Flachgau ausführlich über die begründeten Zweifel berichtet und die Frau auch im Gefängnis besucht. Anwalt Jörg Dostal will den Prozess neu aufrollen: Sein Mandant, ein 30-jähriger Gastronom, dem  die Anstiftung zum Mord  vorgeworfen wird (16 Jahre Haft), sei ebenfalls unschuldig. Im (mittlerweile verkauften) Anwesen des Wirts in Oberösterreich soll  die Leiche des 63-jährigen Krenn über Monate gelagert  gewesen sein – versteckt in einem Trog in einem alten Schweinestall.  Fakt ist, dass die Urteile in einem umstrittenen Indizienprozess voller Widersprüche, Wendungen und ungeklärter Fragen erfolgten. Selbst professionelle Justizmitarbeiter äußern – unter dem Siegel der Verschwiegenheit – Zweifel und Unbehagen. „Die Justiz war froh,  überhaupt ein Narrativ  für eine Anklage zu haben. Es sitzen wohl auch Unschuldige im Gefängnis“, sagt eine gut informierte Person.
Die Anklage stützt sich auf die Anschuldigungen und Aussagen des 25-jährigen Haupttäters. Er beschäftigte die Polizei über Monate hinweg mit frei erfundenen Versionen des Tatgeschehens, ehe er ein „nun wahres Geständnis“ ablegte. Über die darin abermals enthaltenen groben Ungereimtheiten, etwa über faktisch nicht mögliche Zeitabläufe, sah das Gericht am Ende hinweg – angesichts eines Angeklagten, der sich nun an fast nichts mehr erinnern konnte.

Rätsel um das Tatmotiv

Auch das große Tatmotiv konnte im Prozess nicht dargestellt werden. Das Trio wollte laut Anklage an Krenns Goldvorräte kommen und zudem „aus den Mitteln aus der erwarteten Erbschaft des Erstangeklagten ein schönes Leben führen“. Laut mehreren, übereinstimmenden Zeugenaussagen sei Krenn „im Freundeskreis als starker Alkoholiker bekannt“ gewesen (Bericht Landeskriminalamt 3.12.2016). In Lokalen „kam es wiederholt zu unliebsamen Vorfällen“. Krenn „prahlte im alkoholisierten Zustand mit seinem Reichtum und versprach unbekannten Personen, mit denen er sich betrank, diese zu Universalerben zu machen.“ Genauso schilderte auch der 25-jährige Haupttäter sein erstes Kennenlernen mit dem wohlhabenden Privatier. Aber es ist bis heute kein Testament zugunsten des jungen Mannes aufgetaucht.

Alle Testamente „ungültig“

Die Frage rund um das Erbe des Verstorbenen ist das zweite große Thema des Falls. Inzwischen streiten sich drei Frauen um die Hinterlassenschaft: Krenns letzte Freundin Ursula P. (45), die ein notariell beglaubigtes Testament aus 2015 hat. Krenns jüngere Schwester (57) fand nach dem Verschwinden ihres Bruders in dessen Villa zwei umstrittene Testamente und brachte diese  wenige Tage vor Auffindung des Leichnams zu ihrem Notar – ohne die Polizei zu informieren.
Und nun schaltet sich auch Krenns ältere Schwester (63) ein. Sie pocht auf die gesetzliche Erbfolge und bezeichnet alle bisherigen Verfügungen als ungültig. In einer 29-seitigen Eingabe der Anwaltskanzlei Benn-Ibler an das Bezirksgericht Hallein werden die Gründe angeführt. Zitiert werden die Polizeiermittlungen, Freunde und als neue Zeugen zwei Mediziner. Unter dem Strich wird argumentiert, dass Krenn  aufgrund eines „chronischen Alkoholismus nicht mehr testierfähig war“, konkret: „Dem Verstorbenen fehlte zum Zeitpunkt der Errichtung der Testamente die für die Testierfähigkeit notwendige Besonnenheit aufgrund psychischer Krankheit und alkoholbedingter geistiger Behinderung.“ Eine Krankengeschichte bei den SALK sei beizuschaffen und ein psychiatrisches Gutachten zu erstellen. Die  Schilderungen über die Lebensumstände des Verstorbenen werden an dieser Stelle nicht wiedergegeben. Beim Testament für seine Freundin liege ein „Motivirrtum“ vor, Krenn sei verliebt gewesen und habe fälschlicherweise an eine Verlobung und Heirat geglaubt.

Mediationsversuch scheiterte

Die 63-jährige Schwester fordert die Hälfte der Verlassenschaft. Es geht um eine Villa nahe der Hellbrunner Allee, mehrere Mietwohnungen in bester Salzburger Stadtlage, ein Seegrundstück mit Blockhaus am Fuschlsee, einen Wald bei Thalgau, ein altes Bauernhaus im Burgenland sowie Oldtimer-Fahrzeuge.
Am 12. Juli gab es ein erstes Mediationsgespräch zwischen den Anwälten der drei Frauen, das scheiterte. Noch im Vorfeld waren Ursula P. von der jüngeren Schwester 300.000 Euro als Vergleichsangebot in Aussicht gestellt worden. Krenn trug ab dem Jahr 1998 stets seine jeweilige Freundin als Universalerbin ein und ließ die Dokumente beim Notar errichten. Er habe nicht gewollt, dass seine Schwestern, mit denen er gebrochen hatte, erben würden, sagen Zeugen.

Sonja Wenger 
sonja.wenger@svh.at

 


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