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Regeln für Männer #2: Die Handtasche

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Es gibt ja so Dinge, die haben Männer nicht und Frauen schon. Deswegen verstehen Männer die nicht und Frauen schon. Ein gutes Beispiel: die Handtasche.

Was tragen Frauen in diesen mit Glitzer und Nieten und Bandeln benähten Beuteln herum, haben Sie sich das schon mal gefragt? Es ist gar nicht so leicht zu beantworten, denn in Sachen Handtaschen gibt es solche und solche: Frauen, die das Ganze sehr ernst nehmen, und Frauen wie mich – wir sind eher die Alibi-Handtaschenträgerinnen.

Karikatur Thomas Selinger.

In meiner Handtasche befinden sich: Geldtascherl, Handy, Schlüsselbund, Labello, Kaugummi. Das war’s. Je nach Jahreszeit noch eine Sonnenbrille oder Handschuhe, manchmal ein Kugelschreiber oder ein Packerl Taschentücher. Die Handtasche ist mir eigentlich immer im Weg und geht mir auf die Nerven, aber wo sollte ich den ganzen Schmarrn sonst hintun? Eben.

Dann gibt’s aber noch ganz andere Kaliber von Handtaschen. Gigantische Ungetüme, auf die sogar der Nikolaus neidisch wäre. Aus ihnen kann in jeder Lebenslage überraschend schnell das Richtige herausgezaubert werden, das ist sehr beeindruckend. Make-up, Spiegel, eine Handgranate aus dem Zweiten Weltkrieg, eine Geflügelschere – alles ist möglich. Meine Tante hat so eine Handtasche.

Liebe Männer, ich kann eure Skepsis verstehen, denn vor dieser Handtasche hab ich auch Respekt. Um sie zu heben, braucht man beide Hände. Trainingsprogramme könnte man absolvieren damit! „Lift your bag: In 10 Steps mit deiner Lieblingstasche zur Traumfigur“, ich seh es vor mir. Was hat sie da drin? Ein zweites Paar Stiefel, einen flauschigen Bademantel, die gesamte Bravo-Hefte-Sammlung aus ihrer Jugend, eine Gulaschkanone mit Suppe für 30 hungrige Bauarbeiter? Man weiß es nicht.

Denn eines ist klar: Das Geheimnis einer Handtasche bleibt das Geheimnis einer Handtasche. Außenstehenden ist es strengstens verboten, da reinzuschauen. Merkt euch das, Männer! So sehr es euch auch in den Fingern juckt: Greift niemals, ich wiederhole, niemals in die Handtasche einer Frau. Sie ist ihr persönliches Heiligtum. Ihr würdet es bitter bereuen. Nichts wäre jemals wieder so wie zuvor.

Wenn meine Mama zum Beispiel in einem anderen Zimmer ist und ruft: „Kannst du mir mal schnell mein Handy aus meiner Tasche bringen“, muss ich vorsichtig, mit fest zusammengekniffenen Augen und spitzen Fingern, da reingreifen. Und finde dann eh nicht das Gesuchte, denn das ist auch so ein Naturgesetz: In Handtaschen kann man wühlen, so viel man will, das, was man braucht, erwischt man nicht.

Mareike Fallwickl arbeitet als freie Texterin und Lektorin


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