Schlosswirt Anif: Wieder ein neuer Küchenchef, wieder eine neue Linie.
Es ist ja heute fast ehrenrührig, wenn man zugibt, bei Facebook vorbeizuschauen. Aber der Vorkoster muss: viel Werbung von Wirten läuft in diesem Kanal. So versprach der Schlosswirt „Haubenküche zu Wirtshauspreisen“. Das ist mal eine Ansage! Und war sofort wirksam, der Vorkoster reservierte.
Es ist ohnehin interessant, wie sich das Urgestein der heimischen Gastronomie entwickelt, nach zwei Küchenchef-Wechseln binnen weniger Jahre. Bis 2016 brutzelte Otto Wallner im konservativen Stil, dann kam der Generationswechsel mit Manfred Besenböck. Der fügte Kreatives hinzu: Buttermilch-Flan mit Gurkengespinst und solche Sachen. Was immer dann passiert sein mag: Im Vorjahr übernahm Walter Seelos als nächster Chef die Küche.
Dass der Klagenfurter nach Salzburg kam, lag an der Liebe. Es hatte die Service-Praktikantin Lena kennen gelernt, eine Annahof-Schülerin, der er heiratend nach Anif folgte. „Würde für sie bis ans Ende der Welt gehen“, stand auf der Hochzeits-Homepage. Das ist nun wirklich ein Kompliment.
Zwei turbulente Jahre, die kaum das Haus erschüttern werden. Schon 1260 ist der Kauf des Gebäudes durch den Bischof von Chiemsee verzeichnet, Schankrecht gibt es seit 1607. Barock auch das wuchtige Äußere, innen regiert das heimelige Biedermeier mit knarzendem Holz. Der Schlosswirt behielt seinen historischen Charme, während das Schloss nebenan 1848 romantisch modernisiert wurde.
Nun also der Blick in die Karte: Unter den Vorspeisen finden sich Gänseleber und Tunfisch als letzte Anklänge internationaler Kost. Aber sonst: Rind, Lamm, Huhn – alles, was man schon im Biedermeier aß. Schluss mit Experimenten, es lebe die Tradition!
Da der Vorkoster aufs Geld schaut, stutzte er sofort: Gedeck 3,95 Euro. Allerdings gab’s dafür eine Menge: Brot, Speck und Aufstrich, dann ein Tellerchen mit tadellosem Roastbeef, zum Abschied eine prächtige Praline.
Das Lammsulzerl (€ 14,50) lag unter einem Haufen Salat versteckt, vielleicht ganz gut, weil ja doch der erste Eindruck zählt und es schöner gestaltete Sülzen gibt. Immerhin mundete sie gut im Zusammenklang mit süß-säuerlich mariniertem Gemüse. Apfel und Pastinaken fanden zusammen zu einer wunderbar fruchtigen Suppe (€ 6,50) mit einer Mittelinsel aus Kaninchen-Ravioli.
Dann kam Brustfleisch (€ 13,50), butterweich aber leider allzu süß in Kernöl eingelegt, es half ein Glas Veltliner als frischer Kontrast. Nun aß die Vorkosterin schon manche Schneise durch die Entenpopulation. Sie kennt sich also aus. Und dieses Entenviertel (€ 19,90) fand sie perfekt, knusprig, saftig ohne Schnickschnack in schönem Saft mit Blaukraut und Knödel. Exzellent dann ein vollmundiges Topfen-Eis aus Schafsmilch (€ 9,90) samt Küchlein mit einem Kern aus tief-aromatischer Schokolade.
Wir trafen an unserem Abend auf ein gemischtes Publikum: neben ruhigen Paaren auch junge Montage-Arbeiter, die essend ihren Spaß hatten. Haben die auch bei Facebook nachgeschaut? Den ersten Teil vom Slogan kann der Vorkoster bestätigen, das ist Haubenküche. Aber Wirtshauspreise? Nun ja, sagen wir mal Preise wie im Nobel-Wirtshaus.
Schlosswirt Anif, Salzachtal-Bundesstraße 7, 5081 Anif, Tel. 06246-72175, www.schlosswirt-anif.at