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Große Geheimnisse: Der Männerabend

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Manchmal denke ich über den Männerabend nach. Ich hab dazu keine Erfahrungen aus erster Hand, weil ich – das liegt in der Natur der Sache – bei einem Männerabend noch nie dabei war. Interessieren würd’s mich aber, wie der so abläuft.

Ist es wie im Film, dass die Kerle möglichst viel trinken, möglichst vielen Frauen nachschauen und dabei möglichst viel Spaß haben? Oder eher wie in der Vorstellung unserereins, dass mehr geschwiegen als Spaß gehabt wird, dass man ins Bier grummelt, „wie geht’s dir“ und „ja eh“ und „passt scho“?

Karikatur: Thomas Selinger
www.seli.at

Die Wahrheit liegt vermutlich irgendwo dazwischen. Dem Ehrenkodex der Männer zufolge verraten die Exemplare dieser Gattung leider sehr wenig über ihren Stammtisch. Sie machen die Schotten dicht, das ist anscheinend wie beim Fight Club: Die erste Regel des Männerabends ist, sprich nicht über den Männerabend. Es ist nur nicht ganz klar: Sagen sie nichts, weil sie nicht wollen, oder sagen sie nichts, weil sie wirklich nichts wissen?

Fragt man als Frau am Morgen danach: „Und, wie war’s?“, kommt ein: „Eh cool“, bohrt man nach, wird es nicht viel informativer: „Was hat denn der Fritz erzählt wegen seinem Job?“ „Seinem Job?“ „Na, dem haben sie doch gekündigt?“ „Aha, echt?“ „Ja, vor zwei Monaten.“ „Hm.“ „Und der Martin, ist der schon Papa geworden?“ „Ich glaub, ja.“ „Wann denn?“ „Öhm. Im Jänner?“ „Junge oder Mädchen?“ „Keine Ahnung … Hauptsache g’sund!“

Nach einem solchen Gespräch hat man ja als Frau das Gefühl, mehr über die Freunde des Mannes zu wissen als er selbst. Was vielleicht daran liegt, dass man mit deren Frauen befreundet ist oder sie zumindest kennt und dreimal im Jahr bei einer Grillerei mit ihnen redet – im Vergleich zu den Berichten aus Männerhand ist das, als würde man die ganze Zeitung lesen statt nur die Seite 9 anzustarren.

Männerabende sind, denke ich, wie Fußballspiele: Sie haben einen Anfang und ein Ende und dazwischen eine Pinkelpause. Frauenabende sind mehr wie GZSZ: Sie haben überhaupt kein Ende, an den Anfang kann sich niemand mehr erinnern, und sie können sogar am nächsten Tag wiederholt werden.

Frauenabende sind eine Endlosschleife aus Gelächter und Insiderwitzen und intimen Beichten, und wir würden – vielleicht nicht im Detail, aber zumindest in Ansätzen – sehr wohl darüber reden, allein: Es hört uns niemand zu. Am Morgen danach, wenn wir sagen: „Stell dir vor, die Anni, die hat jetzt einen neuen Freund, der kommt aus Amerika“, bekommen wir als Antwort ein „Aha“ und nach einer Weile noch ein: „Welche Anni?“

Mareike Fallwickl  arbeitet als freie Texterin und Lektorin


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