Sie warten ja immer, bis man sich grad hingesetzt hat. Man kommt aus ihrem Zimmer, hat ihnen vorgelesen, sie zugedeckt.
Man hat ihnen was zu trinken gegeben, sie aufs Klo begleitet, nochmal was zu trinken gegeben, nochmal das Kissen aufgeschüttelt und „Gute Nacht jetzt endlich!“ gesagt, sich dann im Wohnzimmer mit einem unendlich tiefen Seufzer auf die Couch gesetzt, zum ersten Mal an diesem Tag. Jetzt aber. Endlich. Happy Hour für Eltern.
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Karikatur Thomas Selinger Bild: www.seli.at
Ungefähr zwei Stunden bleiben noch, bis man selber aus den Latschen kippt. Okay, den Geschirrspüler noch einschalten. Und die Wäsche zusammenlegen. Aber dann! Freiheit! Und kaum berührt der Hintern das Sofa, genau in diesem Augenblick, rufen sie. „Kannst du nochmal kommen, Mama, bitte!“ Also kratzt man Geduldsreserven zusammen, die man eigentlich nicht mehr hat, steht erneut im Kinderzimmer und wird gefragt: „Mama, warum gibt es Menschen?“
Das sind Momente, in denen denk ich: Na. Ich mag jetzt nimma. Lasst’s mich in Ruh! Seit ihr mich um halb sieben aufgeweckt habt, hab ich mich vierzehn Stunden nonstop um euch gekümmert.
Ich hab Frühstück gemacht und Mittagessen und Jause und siebentausend Zwischensnacks, ich hab hinter euch alles aufgeräumt, ich hab gesagt „zieh dich an, kannst du dich jetzt bitte anziehen, wieso bist du immer noch nicht angezogen“, ich hab euch was aufgetragen, das ihr nicht gemacht habt, also hab ich euch nochmal drum gebeten und dann nochmal und nochmal, ich hab getröstet und Pflaster geklebt, ich war mit euch auf der Wasserrutsche und im See, ich hab euch eingeschmiert und euer Geraunze ertragen, ich hab diskutiert und schwierige Fragen beantwortet, ich hab mir eure greisliche Lieblingsmusik angehört und eure Streits geschlichtet und dann nochmal hinter euch aufgeräumt.
Ich hab eh alles gemacht, und ich war geduldig, den ganzen Tag war ich geduldig, aber jetzt ist das Maß voll und mein Geduldsvorrat leer. Ich bin nicht nur müde, ich bin vollständig erschöpft. Es ist anstrengend, permanent die Bedürfnisse kleiner Menschen zu erfüllen, selbst an einem ganz normalen Tag ist es sowas von anstrengend.
Und man will ja nicht rumschreien und schimpfen und genervt zischen, niemand will das, aber in genau diesen Momenten ist man ausgelaugt und möchte nicht mehr gebraucht werden. Manchmal kippt es und man platzt und rastet ein bisschen aus. Manchmal kriegt man noch die Kurve und fängt an zu lachen. Weil, ganz ehrlich: Warum zur Hölle es überhaupt Menschen gibt, das würd ich ja auch gern wissen.
Mareike Fallwickl ist Texterin und Autorin. Mail: interaktiv@svh.at
Tipp: Am Do., 13. September um 19.30 Uhr liest Mareike Fallwickl aus ihrem Bestseller „Dunkelgrün fast schwarz“ in der Bibliothek Hof-Koppl im K.U.L.T. Eintritt frei.