Die Krankenfürsorge der Stadtbediensteten ist extrem großzügig. Es gibt Zuschüsse für Zahnkronen, Homöopathie, Massagen.
Das Ausgabenniveau liegt um 52 Prozent höher als bei der Gebietskrankenkasse.
Magistratsbedienstete und die Stadt Hallein haben seit den 1920er-Jahren eine eigene Krankenversicherung: die Krankenfürsorgeanstalt (KFAs). Die bundesweit 16 existieren abseits der Sozialversicherungen und sind öffentlichkeitsscheu. Denn in dieser Parallelstruktur der öffentlichen Hand haben sich viele Privilegien angesammelt. Wie großzügig man ist, offenbarte eine Jubiläumsschrift der KFA Salzburg zum 90-jährigen Bestehen.
Unbürokratisch
An erster Stelle stehe der „unbürokratische Zugang zu den Leistungen“; 99 Prozent der Entscheidungen würden im Konsens mit den Versicherten getroffen. Ist ein „teures, eigentlich bewilligungspflichtiges Medikament“ notwendig, „wird das nicht extra nachkontrolliert“, so KFA-Chefarzt Bodo Kirchner in der Druckschrift.
„Meditationsübungen am PC“
Man präsentiert sich als Mercedes unter den Sozialversicherungen, zahlt auch den Ärzten deutlich höhere Tarife. Die Versicherten erhalten Zuschüsse für Homöopathie, Akupunktur, alternative Heilmittel, Brillen und Sehhilfen, Zahnhygiene zweimal pro Jahr. Zahnkronen werden mit 200 Euro, Implantate mit 350 Euro subventioniert. Bei kieferorthopädischen Leistungen (Zahnspangen) übernimmt die KFA 80 Prozent der Kosten, maximal 3600 Euro in drei Jahren. Selbst Massagen sind in der aktuellen Honorarordnung angeführt: 20,07 Euro für eine Vollmassage (30 Minuten), 13,43 Euro für eine Teil- oder Bindegewebsmassage (je 20 Minuten). Warum die KFA auf Anfrage von vier Euro für eine Teilmassage spricht – dies seien „Ausnahmefälle“ – erschloss sich dem SF nicht. Als Gesundheitsvorsorge der Zukunft kann Chefarzt Kirchner sich auch „Meditationsübungen am PC“ vorstellen.
Besser als die Beamtenversicherung
Laut einer Benchmark-Analyse der Neos im Parlament liegt das Leistungsniveau der KFA Salzburg um 52 Prozent über jenem der Gebietskrankenkasse, ja es ist sogar besser als das der Beamtenversicherung BVA. Die Ausgaben je Versichertem im Vorjahr: 1709 Euro (KFA), 1424 Euro (BVA), 1126 Euro (SGKK).
„Das sind Blackboxes“
Ex-FPÖ-Mann Dietmar Schmittner, der bei den Gemeinderatswahlen 2019 antreten will, aber auch die Neos fordern die Abschaffung des KFA-Biotops. Neos-Sozialsprecher Gerald Loacker: „Das sind veritable Blackboxes, die zur Hälfte von Steuergeldern leben und sich dem Solidarprinzip entziehen.“ Ihre Finanzkraft rühre daher, dass eine sehr solide Berufsgruppe versichert werde: Pragmatisierte Beamte verdienen gut, haben sichere Arbeitsplätze. Allerdings musste die elitäre Krankenfürsorge der Stadt ab 2012 erstmals auch die Arbeiter und Angestellten des Magistrats aufnehmen – da der Gemeinderat für künftig Eintretende die Unkündbarkeit abschaffte. „Man wäre sonst a la longue vor existenziellen Problemen gestanden“, so ÖVP-Klubchef Christoph Fuchs.
9 Millionen Euro Rücklagen
Der Rechnungsabschluss zeigt, dass es dem Versicherungsträger der Stadt finanziell blendend geht. Man erwirtschaftet regelmäßig Überschüsse, 2017 waren es 438.902 Euro, gespeist aus Zinserträgen und den Beiträgen der Dienstnehmer und des Dienstgebers von zuletzt 9,6 Mill. Euro (die Beitragsgrundlage von 8,9 Prozent ist etwas höher als im ASVG-System). Das Vermögen in Sparbüchern und Wertpapieren beträgt inzwischen 8,8 Mill. Euro.
149.000 Euro für Nebenjobs
Die SPÖ-dominierte Krankenfürsorge hat 39 Funktionäre und Mitarbeiter aus den Reihen des Magistrats, der Personalvertretung und des Gemeinderats. Die Nebenjobs werden jährlich mit 149.600 Euro vergütet. Er beziehe „keinen Cent“, betont KFA-Obmann, Magistratsdirektor Martin Floss (die früheren Magistratsdirektoren sollen rund 1000 Euro für den Obmann-Job bekommen haben). Kritik sei nicht angebracht. Die Frage der Zusammenlegung stelle sich nicht, da für die KFAs das Versteinerungsprinzip der Verfassung gelte.
Sonja Wenger