Ein neuer Trend bricht sich Bahn: Der Vorkoster besuchte die Juhasz Tagesbar.
Ein neuer Trend, ein neuer Begriff: Handelsgastronomie. Man kann Mode kaufen oder Möbel und danach fein speisen. Im selben Haus. Oder umgekehrt: Sich mit Freundinnen in der Tagesbar treffen und dann noch gemeinsam shoppen. Alles lässig. Die Unternehmen sind draufgekommen, dass so ein Lokal die Leute anlockt, die Frequenz erhöht und damit den Umsatz. Was sich natürlich nur die Großen leisten können.
Nehmen wir Ikea. Geschätzt ein Drittel der Kunden kommt, nur um Köttbullar oder Lachs zu essen. Schwedische Systemgastronomie, alles vorgefertigt, immer gleich im Geschmack und billig im Preis. In Deutschland verkauft Ikea 15 Millionen Hauptgerichte im Jahr. Klarerweise leitet das Unternehmen diese Gäste beim Hinausgehen an 100 Meter Verkaufsfläche vorbei – ohne ein Billy-Regal gehen wenige heim.
Nehmen wir nebenan den Europark. Da hat Center-Eigner Spar eine Serie von Lokalen eingebaut – bis hinauf zu Haubenküche bei Didi Maiers Didilicious und bei Yaoyao. International hat der Trend zum Essen beim Shoppen erst richtig Schwung aufgenommen.
Und hat Salzburgs Nachbarstadt Bad Reichenhall erreicht. Dort hat das Modehaus Juhasz auf dem Dach eine Tagesbar mit schönem Rundumblick eingerichtet. Geführt wird sie von einem jungen Salzburger, Alexander Seifriedsberger, der täglich von Großgmain einpendelt. Sein Facebook-Profil verrät, dass er in großen Salzburger Küchen vorbeigeschaut hat.
Seine Bar ist ein Stück Großstadt. Dunkel der Boden, dunkel die Wände – eine kuschelige Höhle mit Blick auf die Welt draußen. Die Einrichtung ist designet: Stühle mit Vintage-Charme, die Tische stammen aus einem Hotel am Chiemsee, Brotregale aus den 1930er Jahren tragen exquisite Keramik. Der Übergang von Lokal zu Geschäft ist fließend. Viele junge Frauen kommen her, man trifft sich, hat Zeit zum Reden und Gustieren.
Klarerweise ist die Auswahl an Salaten groß. Witzig ein Waldorf-Salat mit Hirschschinken und Granatäpfeln. Eine Maronen-Linsenschaumsuppe war süß angelegt, zart-herber Kontrast mit Ricottaknödel, drinnen Linsen, Maroni und Nüsse (€ 5,90). Das Tatar von der Gelbflossen-Makrele erwies sich als hübsch angerichtet, süß und zart-scharf gewürzt (€ 11,90). Der Rehburger (€ 12,90) verblüffte: kross die Semmel, würzig das Faschierte, aufgepeppt durch Blaukraut und Blauschimmelkäse. Tadellos ein Hühner-Curry (€ 12,90). Ein Spekulatius Tiramisu mit Himbeeren kam im Glasl (€ 3,50), frisch und fruchtig, zimtig-weihnachtlich. Ein Extra-Lob für die Torten: Apfel-Zimt und Topfen-Glühwein, exzellent. Moderne, leichte Kost ist das mit Fantasie.
Natürlich gibt es Espresso und Cappuccino. Aber für Freaks zählt nur der Filterkaffee aus der Chemexkanne (€ 4,70, reicht für zwei Tassen). Das mag sich oma-artig anhören, aber so ein langsam durchgelaufener Stoff hat sein ganz eigenes, vollmundiges Aroma.
Für junge Leute ersetzt so eine Tagesbar viel von dem, wofür früher ein Wirtshaus nützlich war: Treffpunkt und Ort für Happen und Trank. Handelsgastronomie – im Namen schon steckt die Symbiose: da profitieren zwei Seiten voneinander. Und je besser das Essen, desto lieber kommen die Gäste und können beim Hin- und Rückweg an vielen Waren vorbeigeschickt werden. Ein geschicktes Konzept.
Juhasz Tagesbar, Ludwigstr. 23, 83435 Bad Reichenhall, Tel. 0049/8651/973824