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Channel: Salzburger Fenster
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#gewengert

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Am 30. August erscheint mein Roman „Das Licht ist hier viel heller“. Und weil ich eine Frau bin, hab ich erst gezögert, Ihnen das hier zu erzählen.

Meine Kolumne dazu zu nutzen, um, wie Sie vermutlich denken werden, Schleichwerbung zu machen. Oder eher Werbung, ohne Schleich. Aber dann hab ich mir überlegt: Ein Mann würde einen Riesentrommelwirbel veranstalten und rufen „Ich hab ein Buch geschrieben, ICH! Ganz alleine, es ist ein Buch, und es ist großartig!“

Karikatur Thomas Selinger Bild: www.seli.at

Und genau darum geht es. Um die Dinge, die Männer tun und Frauen nicht – und um die Dinge, die Männer Frauen antun. Um kleine Gewaltakte und große, um Machtmissbrauch und Verletzungen, um all das, was tagtäglich passiert – und worüber trotzdem viel zu wenig geredet wird. Ich habe gekämpft mit diesem Thema, mit der Richtung, in die der Roman sich entwickelt hat, ich habe gehadert und gezweifelt. Ich hab Angst gehabt, dass mir das alles um die Ohren fliegen wird.

Und letztlich hat genau diese Angst den Ausschlag gegeben: Weil das Schweigen am schlimmsten ist. Weil es „nur“ ein Buch ist, aber das ist mehr als nichts, und auch Literatur kann, zumindest in unseren Köpfen, etwas bewirken. Deshalb gibt es jetzt also dieses Buch über einen Mann namens Maximilian Wenger, der am Rand von Hallein wohnt und sich selber leidtut, weil er nicht mehr an seine Erfolge als Schriftsteller anknüpfen kann, weil seine Frau ihn gegen einen jungen Fitnesstrainer ausgetauscht hat und seine Teenagerkinder ihn nur noch peinlich finden.

Und Ihnen kann ich das ja sagen, wir kennen uns schon länger: Der Wenger ist ein Arsch. Er kann nicht aus seiner Haut, er meint’s nicht bös, er ist so sozialisiert, aber ein Arsch ist er trotzdem. Das kann vor allem seine 17-jährige Tochter bestätigen, die als seine Gegenspielerin den Verfall dieser Familie aufzeigt. Und dann habe ich Briefe geschrieben, die wehtun. Briefe von einer unbekannten Frau, die gar nicht an unseren Wenger gerichtet sind, die er aber trotzdem öffnet – und die ihn auf überraschende Weise aufrütteln.

Und ach, Leute, diese Briefe! Überhaupt: dieses Buch! Erwarten Sie bitte keine Wohlfühlkuschellesezeit. Aber erwarten Sie, dass Sie wütend werden. Dass Sie vielleicht zum Nachdenken angeregt werden. Und wenn es nur das schafft, dann ist das schon viel. Ich weiß nicht, was diesem Roman und mir blüht und ob man unsanft mit uns umgehen wird, aber ich weiß: Es ist gut, dass ich ihn geschrieben habe. Weil einfach Schluss sein muss damit, dass über diese Dinge nur geschwiegen wird.

Mareike Fallwickl ist Texterin und Autorin. Mail: interaktiv@svh.at


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