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Fridolfing: Auferstehen aus Ruinen

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Gut speisen in einem bayerischen Stück Alt-Salzburg. Wir folgten einem Lesertipp zum Gasthaus Unterwirt.

Leser Stefan hat im angrenzenden Rupertigau den Unterwirt in Fridolfing entdeckt. Als wir ihm nachfuhren, stießen wir auf gutes Essen und bemerkenswerte Geschichten. Kein weiteres Kapitel traurigen Wirtshaussterbens sondern ein Auferstehen aus Ruinen.

Aber ist das nicht weit weg? Nein. In Oberndorf ward im Gemeinde-Wahlkampf der Mangel an gehobener Gastronomie beklagt. Von dort sind’s eine Viertelstunde mit dem Auto nach Fridolfing und ein Ausflug per Rad. Eher zeitlich: Vor gut 200 Jahren war das Dorf noch salzburgisch, der Unterwirt gehörte laut Urbar von 1592 dem Salzburger Bürgerspital. Allerdings stand das uralte Haus vor dem Abriss. „Wegreißen sollte man die alte Burg“, so war die Stimmung im Dorf.

Doch statt der Schubraupe kam Vito Calabretta, ein in Fridolfing lebender Italiener, und kaufte das Anwesen: „Das Haus schaut so traurig aus, es muss Leben sein auf der Piazza“, sagte er und baute es mit seiner Lebensgefährtin Anneliese Kiermeier wieder auf: mit Fleiß und Schweiß, mit Kraft und Können zu einem prachtvollen Bau. Wer sich heute auf der Homepage durch die alten Fotos einer damals bejammernswerten Bruchbude klickt, schüttelt den Kopf, wie das überhaupt möglich war. Doch tragischerweise starb Vito kurz vor der Fertigstellung.

Zwei Jahre lang stand der Gasthof still. Dann kam Bernd Weinhart mit dem Motorrad vorbei und verliebte sich in den Unterwirt. Was insofern gut passte, weil der Mann ein erfahrener Koch und Gastronom ist. Seit 2017 führt er den Betrieb mit seiner Frau Margit als kleines Hotel und Restaurant. Die Stuben sind heimelig, möbliert mit alten Tischen und Sesseln. Der Garten war gut besucht und wird beschattet von zwei mächtigen Kastanien. Weinharts Küchen-Stil? Bayerisch bei regionalem Einkauf „mit italienischen Ausrutschern“. Vito schau oba!

Wir begannen mit einer Kraftbrühe vom Bauerngockel (€ 6,20), dreimal gekocht, jeweils mit neuen Knochen, damit höchst intensiv geworden und gefüllt mit Schinkenschöberl und Gemüsestreifen. Angenehm mild die kühle Gurkensuppe (€ 9,10), püriert und fein mit Dill abgeschmeckt, samt festfleischigen Scampi. Des Bayern ewige Sehnsucht nach Italien fand sich auch im gegrillten Oktopus wieder (€ 25,90), butterweich und wohlschmeckend die Arme, perfekt dazu eine Peperonata.

Nun endet die Bestellung von Schwein oft in einer Katastrophe, Qualität ist selten. Hier kündigte die Karte „Voralpen-Strohschwein“ an (€ 18,90), also ein Tier, das auf artgerechtem Untergrund lebte. Tatsächlich erwies sich das gebratene Stück Rücken als bissfest aber nicht hart, schön aromatisch und begleitet von einer würzigen Ratatouille samt Erdäpfelgratin.

Der Höhepunkt? Ein Mousse (€ 7,50), gemixt aus Mascarpone und Sauerrahm, begleitet von einem Ragout aus Kriecherl und schwarzen Johannesbeeren: erstklassig säuerlich mit Süßespitze samt passenden Früchten. Hingegen hatte das Zweierlei von der Panna Cotta (€ 5,90), schokobraun und vanillehell auf Erdbeermark, arg viel Gelatine abbekommen. An Vito erinnert heute eine Stele im Gastgarten, geschaffen vom Bildhauer Ekkehard Wiegand. Wie er es wollte, ist viel Leben zurückgekehrt mit dem auferstandenen Alt-Salzburger Unterwirt.

Weinhart’s Unterwirt, Hadrianstraße 26, 83413 Fridolfing, Tel. 0049-8684/9697609, www.gasthaus-unterwirt.de


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