Einer nennt ein Stockwerk „Hotel“. Familien tüfteln, wie sie im Wohnblock Zimmer anbieten können.
Eine Eigentümergemeinschaft aus 20 Parteien in der Elisabeth-Vorstadt führt seit Monaten Beschwerde beim Magistrat, weil ihr Haus zu einem „Taubenschlag für internationale Touristen“ geworden sei. Der Grund: Ein 70-jähriger Miteigentümer vermietet gleich sechs, teils geerbte, teils dazugekaufte Wohneinheiten über das Internet. Auch ein Altstadthaus am Fuße des Mönchsberg gehört der Firmen-GmbH des Ex-Gastronomen. Im Erdgeschoss sind Geschäftslokale eingemietet, die oberen Etagen wurden zu Gäste-Apartments umgebaut – die laut Airbnb bestens bewertet („blitzsauber, tolle Lage“) und teilweise bereits bis Silvester ausgebucht sind, die Nacht um 62 Euro.
„Die Waschküche ist nicht mehr zu nutzen, die Bettwäsche der Gäste nimmt den ganzen Platz ein.“ Hausgemeinschaft,
St.-Julien-Straße
Im Haus an der St.-Julien-Straße nahe der Salzach klagen die Wohnungsbesitzer indessen, dass kein Mensch sie informiert oder gar gefragt hätte. Man habe wochenlang Bauarbeiten im Haus gehabt und dann seien die Trolley-Touristen gekommen.
„Wir haben das auch in der Eigentümerversammlung angesprochen. Aber auch der Hausverwalter ist entnervt, weil er dauernd mit dem Mann im Clinch liegt“, schildert eine Bewohnerin das Ohnmachtsgefühl, das sich einstellt, wenn wildfremde Menschen in rascher Abfolge in die Privatheit eindringen.

In der Elisabeth-Vorstadt vermietet ein 70-jähriger Ex-Gastronom ein ganzes Stockwerk. Bild: Sonja Wenger
Ständig Lärm und keine Mülltrennung
In einer E-Mail an das Baurechtsamt heißt es: „Die Waschküche ist praktisch von der Hausgemeinschaft nicht mehr zu nützen, da die Bett- und Frottierwäsche der Gäste dort den gesamten Platz einnimmt. Es herrscht ständig Lärm und Unruhe, keiner der Gäste kümmert sich um die Mülltrennung.“ Es gebe Beschädigungen durch die Koffer im Lift und in den Gängen und erhöhte Betriebskosten.
„Der dritte Stock war immer ein Hotel. Fragen Sie doch bei denen nach, die das illegal machen.“ Ex-Gastronom (70), Vermieter
Der 70-jährige Vermieter, den das „Fenster“ im Urlaub in Italien erreicht, reagiert unwirsch. Mehrfach waren Kontrollorgane des Magistrats bei seinen Apartments, was „boshaft“ sei, weil das von ihm vermietete Stockwerk schon zu Lebzeiten seiner Eltern „ein Hotel“ war. „Das ganze Haus ist mit meinem Vater gebaut worden. Der dritte Stock war immer ein Hotel, das ist als Hotel kollaudiert. Dann sind daraus Wohnungen entstanden“, erklärt der Salzburger. Die Hausgemeinschaft sei „eine Katastrophe“, er werde ständig angezeigt – „ich kann ihnen gerne wieder Türken schicken“, meint der Mann. Er zahle Ortstaxe und Steuern und begrüße das neue Nächtigungsabgabengesetz, wenn sich ab 2020 Onlinevermieter beim Magistrat registrieren müssen. „Fragen Sie doch bei denen nach, die das illegal machen“, sagt der 70-Jährige.
Fakt ist: Der frühere Diskothekenbetreiber hat eine langjährige Gastgewerbeberechtigung – die er im März von der Betriebsform Kaffeehaus auf „Hotel“ abgeändert hat und deren Standorte er auf die Adressen der Apartments umgemeldet hat.
Wie viel reden die Ämter untereinander?
Bei der Gewerbebehörde spricht man von einem formalen Akt, der lediglich zur Kenntnis zu nehmen sei, so Leiterin Sabine Rehrl. „Uns ist nichts bekannt von Beschwerden. Sonst würden wir dem natürlich nachgehen.“
Im Baurechtsamt weiß man nichts von der Standortverlegung, erklärt Amtsleiter Alexander Würfl. Der Fall sei „sehr speziell“, es gebe eingestellte und anhängige Verfahren. Fix sei jedoch, dass es „keine Widmung als Hotel gibt. Da kann der Betreiber sagen, was er will“. Zu den Beschwerden der Nachbarn sagt der Jurist: „Wir können nicht mehr tun als zu prüfen: Macht das jemand legal oder illegal? Dazu müssen wir einen Touristen vor Ort antreffen und ihn ausfragen. Das ist eine relativ unangenehme Tätigkeit.“
„Wir müssen einen Touristen vor Ort antreffen und ausfragen. Das ist relativ unangenehm.“ Alexander Würfl,
Baurechtsamtsleiter
Der Vollzug sei schwierig, weil der Gesetzgeber kein totales Verbot der Onlinevermietung erlassen habe und es viele Unschärfen und Ausnahmen im Raumordnungsgesetz gebe. Tatsächlich werden zahllose Streitfälle bis zu den obersten Gerichten ausgefochten. So habe die Stadt in der Frage der gewerblichen Vermietung gewonnen. „Das war viel zu weit gefasst, da haben wir eine Tür zugemacht“, so Jurist Würfl. Einige Betreiberkonstrukte würden nun wohl aufhören müssen.
Sozialwohnung in Itzling aktuell „nicht buchbar“
Als nächstes will man die Privatzimmervermietung rechtlich einhegen. Laut Gesetz darf man drei Zimmer im Hausverband des Vermieters für Touristen anbieten, wobei das Land Feriengebiete wie Saalbach im Kopf hatte. Die Folge: „Auch in der Stadt haben Leute nachgedacht, wie man das im Wohnblock machen könnte“ (Würfl). Dann kauften ein Vater, die Mutter und die Tochter je eine Garconniere im Block dazu und nennen sie „Privatzimmer“.
Der Nachweis einer illegalen Vermietung einer kleinen Sozialwohnung in der Goethesiedlung ist der Stadt nicht gelungen. Laut Booking.com wird die Garconniere seit November 2018 angeboten – ist zurzeit aber „nicht buchbar“. Würfl: „Wir haben dort keine Touristen vorgefunden.“ Gästebewertungen, die dem SF vorliegen, seien kein Nachweis.
Von Sonja Wenger
Bild: Pixabay