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Frühlingsgefühle: Minnesang mit Seitensprung

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Im März geht das große Zwitschern los.  Es wird geturtelt, Nest gebaut – und zum Nachbarn geschaut.

Es rührt sich was im Garten. Man hört es. Noch sind es wenige gefiederte Sänger, doch sie werden mehr. Der Frühling ist ihre Zeit, um Partner zu gewinnen fürs Liebesspiel mit Folgen.

Als erstes starten die Amseln mit ihrem Balzgesang, gefolgt von den Drosseln. Die beiden gehören zu den Meistersingern, so schön zwitschern sie. Auch Meisen und Rotkehlchen lassen nicht lange auf sich warten, weiß Vogelkundlerin Hemma Gressel von Birdlife Salzburg.

Der Kuckuck, einst klassischer Frühlingsbote, ist heute in den Niederungen selten zu hören. Durch die Klimaerwärmung brüten die Vögel früher, der Kuckuck kehrt zu spät aus dem Süden zurück. Er fliegt deshalb in höhere Lagen, um seine Eier den später brütenden Gebirgsvögeln unterzujubeln.

Wurde erfolgreich gezwitschert, lässt der Nestbau samt Nachwuchs nicht lange auf sich warten.

Datenbank: Wer wie singt

Die Männchen singen nicht nur, um Weibchen anzulocken, sie grenzen damit auch ihr Revier ab. Jede Art hat ihren Gesang, eine Melodie reicht aus, um sich bei Weibchen wie Rivalen verständlich zu machen. Wer wissen will, welcher Vogel wie singt, dem hilft die Datenbank von Birdlife Österreich weiter, die in der Vorwoche an den Start ging. Fotos und Audio-Beispiele der 70 häufigsten Vogelarten Österreichs stehen frei zur Verfügung (www.birdlife.at/page/vogelbestimmung).

Ist der Partner gefunden, beginnt der Nestbau. Amseln brüten bis zu zwei, drei Mal hintereinander. Werden ihre Nester geplündert, brüten sie gar bis zu acht Mal. Da kann es sein, dass das Weibchen vor Erschöpfung stirbt, weiß Gressel. Es geht also bis zur Selbstausbeutung, die Weitergabe der Gene hat oberste Priorität.

Vögel galten lange Zeit als monogam. Doch sind viele Arten in Sachen Liebe eher flexibel. Fotos (3): Pixabay

Es verwundert nicht, dass die Annahme, Vögel seien monogam, immer mehr Risse bekommt. Für die Wissenschaft ist das Liebesleben der Vögel noch ein weites Feld. Große Arten wie Schwäne und Störche bleiben tatsächlich lebenslang zusammen. Auch viele Singvögel gelten als monogam, sie nehmen es mit der Treue aber nicht so genau. So hat eine Studie vom Haus der Natur über Schneefinken ergeben, dass manche Nester nur von einem Männchen befruchtete Eier aufwiesen, andere von mehreren.

Unter Singvögeln wurden Weibchen beobachtet, die zum Nachbarn flogen und umgekehrt. Doch hat das Männchen ein waches Auge. Haut das Weibchen zu oft ab, hält sich der Vater beim Füttern der Jungen zurück – es dürften ja nicht alle von ihm sein.

Monogam? Eher nicht.

Es kommt auch vor, dass das Weibchen ein Ei ins Nachbarnest legt. Wird das eigene Nest geplündert, hat zumindest ein Junges die Chance zu überleben. Ein „wahrer Feger ist die Heckenbraunelle“, weiß die deutsche Journalistin und Hobby-Ornithologin Johanna Romberg. Sie schreibt in ihrem jüngst erschienenen Buch „Federnlesen“ über das Vergnügen der Vogelbeobachtung, gibt Auskunft über diverse Vogelarten, und zeigt auf, warum viele bedroht sind und wie man ihnen helfen kann.

Da hat auch Hemma Gressel einen einfachen Tipp: Der Mensch liebt Ordnung, der Vogel Unordnung im Garten. Amsel bauen ihre Nester aus altem Gras. Die Gartenarbeit kann also ruhig noch warten.

Buchtipp:
Johanna Romberg „Federnlesen. Vom Glück, Vögel zu beobachten“, Lübbe, 2018.

Aktivitätstipp:

Vogelstimmenexkursion für Anfänger von Birdlife und Haus der Natur: 24. März, 8.30 Uhr, Treffpunkt S-Bahn Puch-Urstein

Von Petra Suchanek


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